Sehr geehrte Itzehoerinnen und Itzehoer,
wir, die Linksjugend [’solid] im Kreis Steinburg, wenden uns mit diesem offenen Brief an Sie, weil wir eine Entwicklung beobachten, die uns zutiefst beunruhigt: Die regelmäßige Nutzung der Rubrik „Aus den Fraktionen“ in der Stadtzeitung durch die AfD trägt in unseren Augen nicht zur demokratischen Debatte bei – im Gegenteil. Sie dient zunehmend dazu, Ängste zu schüren, Vorurteile zu verbreiten und demokratische Institutionen sowie gesellschaftliche Gruppen pauschal zu diffamieren.
Die Stadtzeitung erfüllt in unserer Kommune eine wichtige Aufgabe: Sie soll informieren, Transparenz schaffen und dazu beitragen, politische Prozesse für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar zu machen. Umso wichtiger ist es, dass diese Plattform nicht für Hetze, Desinformation oder demokratiefeindliche Rhetorik missbraucht wird – vor allem nicht ohne redaktionelle Prüfung oder Einordnung.
Wir möchten anhand konkreter Beispiele aufzeigen, wie problematisch einzelne Beiträge der AfD in den letzten Ausgaben waren und warum diese nicht als bloße „Meinungsäußerung“ gelten dürfen, sondern als gezielte Manipulation und als Teil einer Strategie zur Destabilisierung demokratischer Diskurse.
Ausgabe 6/2024
Frage: Welches städtische Thema hat in Ihrer Fraktion aktuell oberste Priorität?
AfD-Antwort (Auszug):
„Wer tagtäglich die in unserem Land insbesondere vorkommenden Messerattacken (-morde) und (Gruppen-)Vergewaltigungen verfolgt, weiß, dass nach den vielen gewalttätigen Vorkommnissen in unserer Stadt rechtzeitig Gefahrenquellen ausschalten.“
Einordnung:
Eine statistisch belegbare Zunahme der genannten Verbrechen existiert nicht in dem suggerierten Ausmaß.
Der Begriff „Gefahrenquellen ausschalten“ entmenschlicht Menschen und weckt Assoziationen zu autoritären Gewaltfantasien.
Statt differenzierter Auseinandersetzung mit städtischer Sicherheit wird eine verrohende Sprache verwendet, die Gewalt legitimieren kann.
Ausgabe 7/2024
Frage: Was kann die Kommunalpolitik leisten, um gesellschaftliche Spaltung zu verhindern?
AfD-Antwort (Auszug):
„Jeden Tag werden unschuldige Menschen auf der Straße erstochen und den nächsten Tag wird gegen Rechts demonstriert. Dabei ist Rechts genauso legitim wie Links in einer Demokratie. Die Medien tragen mit erfundenen Geschichten, siehe Correktiv, dazu bei, die Gesellschaft zu spalten.“
Einordnung:
Die Aussage ist nicht nur unbelegt, sondern irreführend und alarmistisch – ein klassisches Mittel rechtspopulistischer Rhetorik.
Proteste gegen rechtsextreme Positionen werden delegitimiert, obwohl sie Ausdruck demokratischer Zivilgesellschaft sind.
Der Angriff auf die Medien – konkret das Recherchezentrum Correctiv – reiht sich ein in eine bewusste Strategie zur Schwächung unabhängiger Berichterstattung.
Ausgabe 1/2025
Frage: Welche Möglichkeiten sehen Sie, die medizinische Grundversorgung vor Ort zu verbessern?
AfD-Antwort (Auszug):
„Import von ausländischen Ärzten kann problematisch sein, wenn diese nicht den gleichen Ausbildungsstandard haben oder Sprachprobleme mitbringen.“
Einordnung:
Die Formulierung „Import“ degradiert Menschen zu Waren und entmenschlicht sie sprachlich.
Statt konstruktiver Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung werden unbelegte Vorurteile gegen ausländische Fachkräfte geschürt.
Solche Aussagen fördern rassistische Denkmuster und tragen nicht zur Lösung des realen Fachkräftemangels bei – im Gegenteil, sie verschärfen ihn.
Ausgabe 2/2025
Frage: Wo sehen Sie Schwerpunkte in der touristischen Entwicklung für Itzehoe?
AfD-Antwort (Auszug):
„Die aus dubiosen Quellen finanzierten und per Bus hergebrachten Linksextremisten mit ihrem angeblichen Kampf für Demokratie konnten nur belächelt werden. […] Lesen Sie die aktuelle Kriminalstatistik. Nur mit uns wird sich hier etwas ändern.“
Einordnung:
Friedliche Demonstrationen für Demokratie werden pauschal als „linksextremistisch“ abgewertet – das ist eine bewusste Umkehrung der Realität.
Die Vorstellung von „gekauften“ oder „gesteuerten“ Demonstranten ist ein typisches Narrativ rechtsextremer Verschwörungserzählungen.
Die Antwort enthält keinerlei Bezug zur Frage, sondern nutzt das Format zur politischen Stimmungsmache gegen Andersdenkende.
Warum wir handeln müssen
Was sich hier zeigt, ist keine legitime politische Positionierung, sondern eine systematische Strategie: Sprache wird gezielt eingesetzt, um Feindbilder zu schaffen, Unsicherheit zu verstärken und die demokratische Grundordnung infrage zu stellen. Wenn solche Aussagen unkommentiert in einem offiziellen Medium unserer Stadt veröffentlicht werden, entsteht der Eindruck, sie seien gleichwertig mit sachlich begründeten Positionen. Das sind sie nicht.
Demokratie lebt vom Streit, von Diskussion, von Meinungsvielfalt – aber sie braucht auch gemeinsame Grundlagen: Respekt, Faktenorientierung, und das Bekenntnis zur Menschenwürde. Diese Grundlagen dürfen nicht dem Irrtum der „falschen Ausgewogenheit“ geopfert werden.
Unsere Forderungen
Redaktionelle Verantwortung: Beiträge in der Rubrik „Aus den Fraktionen“ müssen auf sachliche Richtigkeit geprüft und bei problematischen Inhalten redaktionell eingeordnet werden.
Transparenzpflicht: Statistische oder historische Angaben in Leserbeiträgen und Fraktionsantworten müssen durch nachvollziehbare Quellen belegt werden.
Korrekturmechanismus: Die Stadtzeitung soll einen einfachen, transparenten Weg zur Richtigstellung von nachweislich falschen oder irreführenden Aussagen einführen.
Verantwortung der Stadt: Die Stadt als Herausgeberin darf sich nicht hinter der Rubrik verstecken. Sie trägt Mitverantwortung für die Inhalte, die unter öffentlicher Förderung verbreitet werden.
Schlusswort
Wir stehen für eine offene, solidarische und demokratische Gesellschaft und wir erwarten von den Medien vor Ort, dass sie sich ebenso diesen Werten verpflichtet fühlen. Die Stadtzeitung kann und soll ein Ort des demokratischen Austauschs sein. Aber dazu gehört auch, klare Grenzen zu setzen, wo diese Demokratie angegriffen wird.
Mit solidarischen Grüßen
Linksjugend [’solid] Kreis Steinburg
„Das ist absolutes Staatsversagen mit Ansage! Selbst dem größten Unterstützer der CDU, muss doch jetzt endlich mal auffallen, dass in Sachen der Bildungspolitik, diese Partei wirklich keine Kompetenzen besitzt!“ kritisiert Neele Fojut, bildungspolitische Sprecherin der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein. „Wenn Mitte des Jahres bereits die Mittel für Vertretungskräfte an Grund- und Gemeinschaftsschulen aufgebraucht sind, dann waren von Anfang an zu wenig Mittel da. Dass Schulen und Lehrkräfte seit Jahren wirklich unterfinanziert sind, kritisieren ja nicht nur wir, sondern auch die Gewerkschaften seit Jahren!“ Hintergrund ist die Nachricht darüber, dass der Vertretungsfonds für Lehrkräfte an Grund- und Gemeinschaftsschulen für 2025 bereits im Juni diesen Jahres aufgebraucht war. Dieser Notstand betrifft nicht nur eine einzelne Kommune, sondern insgesamt sechs von elf Flächenkreisen sowie die vier großen Kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein. „Es ist unbegreiflich, wie eine selbsternannte Wirtschaftspartei, wirklich immer wieder so schlecht planen kann. Irgendwann muss man dann auch mal an den Punkt kommen und sich fragen, wo Unfähigkeit zur Planung aufhört und bewusstes Handeln anfängt.“ ergänzt Pascal Knüppel, ebenfalls bildungspolitischer Sprecher der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein, die Ausführungen von Fojut. „Und wenn man sich dann anschaut, dass die Lösung von Seiten des Bildungsministeriums nicht in effektiverer Planung liegt, sondern darin, Vertretungen nicht sofort, sondern erst nach einigen Tagen, zu organisieren, dann fasst man sich ungläubig an den Kopf. In Schleswig-Holstein fallen schon genug Unterrichtsstunden aus und die beste Lösung der Landesregierung ist es, zu sagen, dass man einfach mehr ausfallen lässt.“ Fojut und Knüppel schließen gemeinsam: „Die Bildungspolitik in Schleswig-Holstein leidet unter der CDU-Führung. Egal, ob unter Ministerin Prien oder Ministerin Stenke, wir können uns drauf verlassen, dass es schlechter wird – und das auch wenn man denkt, dass es nicht mehr schlechter geht. Diese Landesregierung sollte ihre Prioritäten wirklich überdenken und vielleicht einfach mal mehr Geld für Bildung investieren und stattdessen aufhören waghalsige Ideen wie Olympia-Bewerbungen zu finanzieren!“
„Die geplante Reform des WiPo-Unterrichts in der Mittel- und Oberstufe, ist ihren Namen nicht wert – viel mehr sollte es Verschlechterung heißen.Stunden in der Mittelstufe aufzustocken, nur um in der Oberstufe daran zu sparen, das kann keine Lösung sein“ kritisiert Pascal Knüppel, bildungspolitischer Sprecher der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein.
Hintergrund ist die sog. Reform der schwarz-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein, in der Mittelstufe die Stundenzahl für das Fach Wirtschaft/Politik zu erhöhen und im Ausgleich dies in der Oberstufe zu einem Wahlfach gegenüber dem Fach Geographie auszugleichen.
„Gerade in dieser Zeit sollte auf mehr politische Bildung gesetzt werden – nicht auf eine Schönrechnerei, wie es unsere neue Bildungsministerin plant. Der WiPo-Unterricht bildet einen elementaren Grundstein für das kritische Denken junger Menschen. Die Möglichkeit dieses Fach in der Oberstufe mit Geographie zu einem Wahlfach zu machen, ist nicht nur falsch, sondern brandgefährlich. Gerade die Kombination aus WiPo und Geographie ermöglicht es, eine kritische Auseinandersetzung mit der globalen Politik zu ermöglichen und so auch das Erstarken der globalen Rechten zu diskutieren und zu verstehen.“ ergänzt Merle Jöns, antifaschistische Sprecherin der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein.
„Dorit Stenke macht da weiter, wo ihre Vorgängerin im Amt aufgehört hat: Verschlechterung der Bildungs- und Gesellschaftspolitik anstatt kritische Auseinandersetzung zu ermöglichen. Es war leider nicht anders zu erwarten!“ Schließen Jöns und Knüppel ab.
Am ersten Tag seiner Amtszeit ordnete Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) an, die Bundespolizei solle Kontrollen an den deutschen Außengrenzen ausweiten und Zurückweisungen von asylsuchenden Menschen durchführen. Dies war von vornherein rechtswidrig und obendrein auch vollkommen unverhältnismäßig. Den europäischen Frieden und die EU-Verträge zu
gefährden, ohne dass hierfür auch nur ansatzweise Anlass bestand, ist grob fahrlässig für den Bestand und den politischen Frieden in der EU, menschenverachtend und rechtswidrig, wie das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin im Fall dreier Somalier zeigte, die in Frankfurt (Oder) zurückgewiesen wurden.
Dobrindt behauptet, dass wir nicht in der Lage seien, weiterhin Menschen aufzunehmen, dabei zeigen die Zahlen eine andere Realität als die vom Bundesinnenminister dargestellte. Die Zahl der Asylanträge ist seit einigen Jahren rückläufig, die Kapazitäten von Geflüchtetenunterkünften bei weitem nicht ausgelastet – trotz reduzierter Kapazitäten. Auch die innere Sicherheit wird nicht durch Asylsuchende gefährdet; Deutschland zählt zu den sichersten Ländern der Welt. Was jedoch tatsächlich die innere Sicherheit gefährdet, ist der auf dem Vormarsch befindliche Rechtsextremismus.
„Jahr für Jahr erreichen die Zahlen rechtsextremer Gewaltverbrechen ein neues Rekordhoch. Das scheint für Bundesinnenminister Dobrindt allerdings ein geringeres Sicherheitsrisiko darzustellen als Menschen, die auf der Flucht sind und nach einem besseren Leben suchen“, sagt Justin Bednarek, Sprecher der Linksjugend [‘solid] Schleswig-Holstein für antifaschistische Politik.
Dass der Bundesinnenminister sich mit dem Festhalten an Zurückweisungen über das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin – und damit über Europarecht – hinwegsetzt, ist als nichts Geringeres, als ein Angriff auf das Rechtsstaatsprinzip und damit auf die Gewaltenteilung zu deuten.
„Das Rechtsstaatsprinzip ist in unserer Verfassung festgeschrieben und unabänderlich. Ein Innenminister, der sich über die Rechtsprechung hinwegsetzt, ist für sein Amt absolut ungeeignet und sollte umgehend zurücktreten!“, erklärt Pascal Knüppel, innenpolitischer Sprecher der Linksjugend [‘solid] Schleswig-Holstein.
Dobrindt rechtfertigt weiterhin die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen mit bilateralen Absprachen mit unseren Nachbarländern. „Doch auch bilaterale Vereinbarungen zwischen EU-Mitgliedern setzen europäisches Recht nicht außer
Kraft. Eine Regierung, die sich über das Recht stellt, ist nicht tragbar“, ergänzt Greta Kühlinger, außenpolitische Sprecherin der Linksjugend [‘solid] Schleswig-Holstein.
„Wir stehen ein für Menschenrechte und werden niemals schweigen, wenn menschenverachtende Politik zum Alltag wird!“, erklärt der Landessprecher*innenrat der Linksjugend [‘solid] Schleswig-Holstein abschließend.
„Die Pläne der Europäischen Kommission müssen dringend von den Mitgliedsstaaten und EU-Parlament zurückgewiesen werden. Sie entsprechen nicht einmal im Ansatz den humanistischen Ansprüchen, die die EU so gerne nach außen vorgibt, zu vertreten!“ erklärt Pascal Knüppel, innenpolitischer Sprecher der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein.
Hintergrund sind die Pläne der Europäischen Kommission Abschiebungen von Nicht-EU-Bürger*innen in sog. „sichere Drittstaaten“ zu erleichtern, auch wenn die Betroffenen keinen persönlichen Bezug zu diesen haben.
Bereits im vergangenen Jahr hatte der damalige britische Premierminister Sunak ein Abkommen mit Ruanda schließen wollen, das die Möglichkeit des Asyls in Großbritannien faktisch abgeschafft hätte.
„Die Kommission sendet hier klar die falschen Signale und schwenkt noch weiter in den Rechtskurs der aktuellen Politik ein. Das verwundert uns leider wenig, ist aber umso alamierender!“ ergänz Greta Kühlinger, Sprecherin für internationale Angelegenheiten der Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein.
Kühlinger und Knüppel sind sich einig: „Der aktuelle Umgang mit Menschen, die von außerhalb der EU zu uns flüchten, ist menschenunwürdig und muss dringend korrigiert werden. Statt Abschottung brauchen wir vernünftige Integrationsprogramme. Dass Politiker wie Jens Spahn, immerhin Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, schon im letzten Jahr die Abschiebungen auch nach Ruanda forderte, ist äußerst beängstigend und der absolut falsche Umgang – vor allem da Ruanda von Menschenrechtsorganisation regelmäßig für ihren Umgang mit Menschenrechten kritisiert wird. Wir fordern, die Wiedereröffnung der Außengrenze Europas und eine humanistische und würdige Asylpolitik.“
Die Linksjugend [’solid] Schleswig-Holstein ist der parteinahe Jugendverband der Partei Die Linke Schleswig-Holstein und umfasst ca. 400 Mitglieder im ganzen Landesgebiet.
